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Trumps Zoll-Bingo und die Auswirkungen auf die Erneuerbaren

Kein Mensch im Rust Belt zwischen Syracuse und Milwaukee, Detroit und Cincinatti wird durch Trumps Tarif-Bingo seinen alten Arbeitsplatz zurückbekommen (die Jobs sind längst automatisiert). Wäre Trump an neuen Arbeitsplätzen und Zukunftsperspektiven für die Bevölkerung interessiert, müsste er in erneuerbare Energien investieren. Die neuen Zölle schaden den Erneuerbaren, sie werden sie aber nicht in die Knie zwingen.

 

Was tatsächlich passiert: die amerikanischen Börsen erleben die größten Kursstürze seit 2020. Trumps wirre Zollphantasien sollen nach offizieller Verlautbarung eine Reindustrialisierung der USA einleiten und die horrenden Staatsschulden abbauen. Doch das ist purer Populismus. 

 

Welche Konsequenzen haben die Zölle für Energie- und Mobilitätswende?

 

Klar ist, Wind- und Solarenergie, Elektrofahrzeuge, Rechenzentren und sogar fossile Brennstoffe werden USA-weit in Schwierigkeiten geraten, wenn die neuen Abgaben längere Zeit bestehen bleiben. 

 

Die Windindustrie leidet bereits unter der Trump-Regierung und muss weitere Rückschläge hinnehmen. Windturbinen benötigen Komponenten aus aller Welt, auch wenn sie üblicherweise in den USA montiert werden. Dasselbe gilt für Solarmodule und Batterien. Ein 25-prozentiger Importzoll könnte die Kosten für den Bau von Windturbinen an Land um zehn Prozent und für erneuerbare Energien insgesamt um sieben Prozent erhöhen – und viele von Trumps Zöllen überschreiten diese 25-Prozent-Schwelle.

 

Auch für europäische Unternehmen hat das Konsequenzen

 

Schon vor den Zollankündigungen im Januar brach die Aktie des weltgrößten Windparkentwicklers Orsted um mehr als 16 Prozent ein. Der dänische Konzern hatte eine überraschend hohe Abschreibung auf sein Offshore-Projekt „Sunrise Wind" vor der US-Ostküste gemeldet. Der Vorstand begründete dies mit Verzögerungen und höheren Kosten für das 924-Megawatt-Projekt. Orsted wird aber dem US-Markt mit seinem Potenzial für Erneuerbare Energien erhalten bleiben. Im Sog von Orsted gerieten weitere Branchenvertreter wie Siemens Energy, Vestas oder Nordex unter Druck. Neben Orsted ist besonders RWE stark im Projektgeschäft vor den US-Küsten engagiert.

 

Höhere Kosten für saubere Energie stellen für Technologieunternehmen in den USA und Europa, die energiehungrige Rechenzentren zur Stromversorgung von KI erweitern wollen, eine große Herausforderung dar. Die Erneuerbaren sind unbestreitbar der billigste und schnellste Weg, das Stromnetz mit neuer Energie zu versorgen, insbesondere aufgrund der jahrelangen Wartezeiten auf neue Gasturbinen in den USA. Trumps Anti-Windkraft-Kurs dürfte einen Großteil der geplanten US-Investitionen der Essener zumindest um Monate verzögern.

 

 

US-Elektroauto-Boom kommt ins Stocken

 

Auch die Elektroautoindustrie leidet. Die meisten Autofabriken in den USA sind auf Elektroautos und Batterien spezialisiert, benötigen aber weiterhin ausländische Metalle und Materialien. Hersteller und Händler befürchten, dass die Listenpreise für Autos durch die Zölle um bis zu 10.000 Dollar ansteigen werden. Dies verschärft eines der größten Hindernisse für die Einführung von Elektroautos: die hohen Anschaffungskosten.

 

Warum kommen selbst die fossilen Konzerne in Schwierigkeiten? Ganz einfach: Obwohl Öl und Gas von den Zöllen ausgenommen wurden, stürzten die Ölpreise nach Verkündigung der neuesten Zölle ab, da die Anleger fürchten, dass die Zölle das Wirtschaftswachstum auf breiter Front ausbremsen und die Kraftstoffnachfrage weltweit senken werden.

 

Trotzdem kein Ende der Energiewende

 

Das bedeutet nicht, dass sich die Trump-Administration völlig von der grünen Transformation verabschiedet. Die stark wachsende Windkraft machte zuletzt rund zehn Prozent der Energieproduktion in den USA aus, insgesamt kamen die Erneuerbaren Energien auf 15,5 Prozent. Experten gehen davon aus, dass der dynamische Ausbau unter Trumps Präsidentschaft zwar behindert und gebremst, aber nicht gestoppt wird. Noch nie in der Geschichte der Menschheit ist eine Energieform so schnell gewachsen wie jetzt die Erneuerbaren. Die Regierung Trump wird diesen Trend verlangsamen, aber nicht aufhalten. Unangetastet bleibt wohl auch der Teil der Biden-Infrastrukturmaßnahmen, der Steuererleichterungen vorsieht. Laut einer Analyse der Financial Times haben Unternehmen im Rahmen dieses Programms bereits über 130 Milliarden Dollar investiert.

 

Seit Trumps Amtsantritt im Januar steht indes die Zukunft der Förderung kohlenstoffarmer Materialien in Frage. Die US-Umweltschutzbehörde hat bereits Millionen von Dollar an Zuschüssen für die Industrie gestrichen, und die Regierung erwägt drastische Kürzungen im Energieministerium, das für ein 6,3 Milliarden Dollar schweres Dekarbonisierungsprogramm für die Industrie zuständig ist, das auch große Zement- und Betonprojekte umfasst. Doch ein parteiübergreifender Gesetzentwurf, den das Repräsentantenhaus letzte Woche mit 350 zu 73 Stimmen verabschiedete, erteilt dem Energieministerium ein klares Mandat, ein umfassendes Programm zur Erforschung, Entwicklung und Bereitstellung sauberer Versionen von Baumaterialien zu entwickeln.

 

Das Klima könnte absurderweise profitieren

 

Der erwartete Einbruch der gesamtwirtschaftlichen Aktivität könnte absurderweise einen positiven Aspekt für das Klima haben: einen Rückgang der Emissionen. Wir kennen diesen Effekt aus der COVID-19-Pandemie, als die weltweite Produktion und der Handel zurückgingen. Zweifellos wird der langfristige Fortschritt bei der Produktion und Nutzung sauberer Energie in den USA durch das Zoll-Bingo ins Stocken geraten. Die Folgen reichen weit über die Dekarbonisierung hinaus und könnten sogar die Energiesicherheit des Landes gefährden. 

 

Die allgemeinen Aussichten: Trumps dadaistisch-maoistische Kulturrevolution wird früher oder später zu Stagflation führen, Inflationstendenzen werden dadurch eher begünstigt als gestoppt.

 

China, vertraut mit Kulturrevolutionen, lehnt sich derweil entspannt zurück und denkt: Never stop an enemy from making a mistake!