· 

Großbritanniens Konservative: Populismus verdrängt Klimaschutz

Shutterstock  Im Bild: Cromarty, schottische Ostküste
Shutterstock Im Bild: Cromarty, schottische Ostküste

In Großbritannien bringt der Premierminister die fossilen Energien wieder an den Start. Ein weiteres Beispiel für den fossilen Backlash, den die Konservativen in Europa gerade ihren Wählern als Tranquilizer offerieren.

 

Britens Premier Sunak und die konservative britische Regierung schwächen Klimamaßnahmen Stück für Stück ab. Die Tories gehen damit voran, was in anderen Ländern - auch hierzulande - droht: Klimaschutz wird nur noch behauptet. Die Maßnahmen selbst werden ab sofort zurückgefahren. Und: Mit der Aufweichung der Ziele wird knallhart populistische Politik gemacht. Sunak kündigte beispielsweise an, mehr als hundert Bohrlizenzen für Öl und Gas auszuschreiben, obwohl das die Pläne für die für 2050 angestrebte Klimaneutralität unmittelbar konterkariert. 

 

Mit Klima-Zynismus Wahlen gewinnen 

 

Wie aus Großbritannien zu hören ist, tut Sunak das vor allem auch deshalb, um den „kleinen Mann auf der Straße“ Entlastung von den hohen Energiepreisen im Königreich zu versprechen. Wahlpolitisch auch das: Am Wochenende reiste Sunak ins schottische Aberdeen, dem Hotspot der britische Fossilindustrien, um dort für gute Laune zu sorgen. Offenbar versucht Sunak, mithilfe abgeschwächter Klimamaßnahmen die fossile Workforce für die Stories zurückzugewinnen. Möglicherweise gelänge es damit auch, behaupten Beobachter, die Autonomiebestrebungen der Schotten einzukassieren. Die durchaus progressiven Klimamaßnahmen auch der britischen Konservativen der vergangenen Jahre erweisen sich jetzt als Papiertiger. Die versprochenen Dekarbonisierungsprozesse werden zumindest einem Test des britischen Premiers geopfert, wie das Zurückschrauben der Klimamaßnahmen beim Wahlvolk ankommt. 

 

Das Comeback (wer hätte das gedacht) der britischen Öl- und Gasindustrie verdankt sich nicht zuletzt einer Studie des britischen (CCC), in von der Notwendigkeit fossiler Energieströme über das Jahr 2030 hinaus gesprochen wird. Bei den Konservative zusätzlich im Gespräch ist mittlerweile auch das komplette Aufweichen der Dekarbonisierungsziele für 2030. 

 

Als Beruhigungspille offeriert Sunak eine verstärkte Förderung von CO2-Speicherungstechnologien (CCS) auf dem Boden und an den Küsten des Königreichs. Allerdings existiert bislang in Großbritannien nicht eine Anlage für diese Zwecke. 

 

Konservativ heißt heute: Bewahrung des Ökosystems ist verhandelbar

 

UN-Kommissar Guterres, Umweltverbände, aber auch konservative Politiker wie Chris Skidmore warnen vor der Aufweichungspolitik. Während in Aberdeen das Comeback der Fossilen gefeiert wird, ließen sich in der britischen Nordsee zugleich auch die großen Fortschritte der Windenergie, mit deutlich günstigeren Preisen und CO2-neutralen Energien feiern. Doch offenbar lösen die Erneuerbaren bei den Wählern nach wie vor Ängste und Unsicherheiten aus. Aber Großbritannien ist längst wieder im Wahlkampfmodus. Und das heißt für die Konservativen überall in Europa zurzeit: Nur ja den Wähler nicht irritieren und die fatale Geschichte erzählen, das alles wieder so wird wie früher.

 

Konservativ heißt in diesen Zeiten offenbar auch: Die Bewahrung des Ökosystems ist egal, wichtig ist, was an der Wahlurne kurzfristige Erfolge bringt. Konservativ heißt, gegen ökonomische Rationalität und wissenschaftliche Evidenz dem Druck der fossilen Lobbys nachzugeben. Erdgas ist teuer und schadet der Umwelt. Günstigere und sichere Energien, die unabhängig von autokratischen Staaten und volatilen Preisen machen, sind eindeutig die Erneuerbaren. Doch nach wie vor ist es so: die Erdölindustrie sitzt auf dem Beifahrersitz und greift der Politik nach Belieben ins Lenkrad. 

 

Die entscheidende Frage ist, wie lange Sunak und andere Konservative ihr zynisches Spiel mit der Bedrohung des Klimawandels spielen können. Die Preise für Erdgas, das unterstreicht eine aktuelle Prognose des „Office for Budget Responsibility“, einem Thinktank des britischen Finanzministeriums, können in den kommenden Jahren um das Zweieinhalbfache ansteigen.