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Editorial Megatrend-Newsletter, Mai 203: Warum investieren wir immer noch in die Welt von gestern?

Quelle: Sven Werner (2017): District heating and cooling in Sweden. Energy, 126, 419–429. https://doi.org/10.1016/j.energy.2017.03.052
Quelle: Sven Werner (2017): District heating and cooling in Sweden. Energy, 126, 419–429. https://doi.org/10.1016/j.energy.2017.03.052

 

In den USA arbeiten zurzeit rund 1.000 Startups an alternativen Eiweißen. Der schnelle (aber auch kurzfristige) Erfolge der „Betterburger“ à la Beyond Meat hat die drängende Frage, wie wir uns in Zukunft ernähren werden, offenbar nicht beantworten können. Aber wir verlangen auch sehr viel, wenn wir glauben, dass eine kluge Geschäftsidee gleich das weltweite Ernährungsproblem in den Griff bekommt.

 

In Deutschland werden auch immer mehr nachhaltige Innovationen auf den Weg gebracht. Das Stuttgarter Startup Vialytics.de entwickelt KI-gesteuerte Ortungssysteme von Schlaglöchern und anderen Straßenschäden. Auf das genial einfache System kann über Smartphones zugegriffen werden und wurde bereits an 300 Kommunen in sechs Ländern verkauft. Emidat.com aus München arbeitet an einer Datenbank, die C02-Emissionen von Baumaterialien wie Zement berechnet. Damit können Baufirmen, Architekten oder Bauträger das Treibhauspotenzial von Baumstoffen ermitteln und „graue“, d.h. versteckte Emissionen reduzieren helfen.   

 

Gleichzeitig stecken wir dreistellige Millionensummen in die Rettung von dysfunktional gewordenen Dinosaurier-Veranstaltungen wie dem Warenhaus. Und wenn rechte Freidemokraten von Technologieoffenheit sprechen, zielen sie in erster Linie auf den Erhalt der alten fossilen Netzwerke und des Verbrennungsmotors. Zynischer kann man damit nicht mehr das blockieren, was wir so dringend brauchen: vorausschauende Investitionen in die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft zu stecken. 

 

Bislang hat keine Bundesregierung im 21. Jahrhundert den Mut aufgebracht, aus der fossilen Pfadabhängigkeit auszubrechen. In diesem Zeitraum stellten alle nordeuropäischen Länder, die sich nicht von Putins Erdgas die Sinne haben vernebeln lassen, unter anderem ihre Wärmeversorgung auf Fernwärme, Biomasse und Kraft-Wärme-Kopplung und Wärmepumpen um. So geht Daseinsvorsorge! Und dafür brauchten die Nachbarn aus dem Norden auch keine disruptiven Superstars aus dem Silicon Valley. In Schweden legte die frühzeitige Einführung einer CO2-Steuer 1991 den Grundstein für die Disruption des fossilen Heizsystems, das noch in den 1980er Jahren stark auf Heizöl basierte. 

 

Ein solcher finanzieller Mechanismus, gepaart mit mutigen Investitionen in neue Technologien, muss auch bei uns stärker in die Bewältigung der Klimakrise eingebracht werden.

 

Bleiben Sie hellwach! 

Dr. Eike Wenzel